27Ghettohaus

Belvederer Allee 6

Eine Gedenktafel an der Villa, heute Teil der Bauhaus-Universität, erinnert an die Bewohner des einstigen „Judenhauses“. Das Haus war seit 1900 im Besitz des Ehepaars Fleischer. Professor Friedrich Fleischer war Maler, seine Frau Jenny, geb. Alt, eine bekannte Sängerin. Bis zu ihrer Eheschließung war sie ein Star am Hoftheater und unterrichtete später an der Staatlichen Musikschule in Weimar. Ende 1937 erbte sie die mit Kunstwerken ausgestattete Villa und ein beträchtliches Vermögen von ihrem verstorbenem Mann. Zwei Jahre später zogen ihre herzkranke Schwester Ilka Gál sowie die Nichte Edith bei ihr ein.

Weil Jenny Fleischer-Alt jüdischer Herkunft war, wurde der Künstlerin ab 1939 der Zugang zu ihren privaten Konten verweigert. Mit dem Tod ihres Mannes hatte die Witwe auch den Schutz der „Mischehe“ verloren. Lediglich eine immer niedriger angesetzte Summe zur Unterhaltsbestreitung durfte Jenny Fleischer-Alt, die vier Angestellte beschäftigte, jeden Monat abheben. Ab 1940/41 wies die Gestapo alleinstehende, ältere Menschen in das „Judenhaus“ ein. Aus Angst vor der bevorstehenden Deportation nahm sich Jenny Fleischer-Alt, inzwischen 78 Jahre alt, im April 1942 gemeinsam mit ihrer Nichte das Leben. Eine Bewohnerin, Käthe Friedländer, wurde im Mai 1942 deportiert; auch die übrigen Bewohner überlebten die NS-Zeit nicht. Jenny Fleischer-Alts Eigentum wurde 1944 öffentlich versteigert.

Eduard Rosé

Auch der hochbetagte Eduard Rosé musste im Dezember 1941 in das Ghettohaus einziehen. Der Musiker stammte aus Jassy, der Hauptstadt des Fürstentums Moldau (heute Rumänien), wo er 1859 als Eduard Rosenblum geboren wurde. Nach seinem Studium am Wiener Konservatorium trat er ab 1882 gemeinsam mit seinem Bruder unter dem Bühnennamen Rosé in einem Streichquartett auf, das in ganz Europa berühmt wurde. Als Solocellist wurde Eduard Rosé an der Königlichen Hofoper in Budapest sowie beim Bostoner Symphonie Orchester engagiert. Seiner Frau Emma zuliebe gab er seine Anstellung in den USA auf und kam auf Vermittlung seines Schwagers, des Komponisten Gustav Mahler, im September 1900 nach Weimar. Hier wirkte er nicht nur bis zu seiner Pensionierung 1926 als 1. Cellist der Staatskapelle, sondern gab auch Unterricht im Cello- und Klavierspiel an der Staatlichen Musikschule. Obwohl er bereits 1891 zum Protestantismus übergetreten war, wurde Eduard Rosé in der NS-Zeit als Jude verfolgt. Eine Professur an der Musikhochschule wurde ihm verweigert. 1941 protestierte der 82-Jährige vergeblich dagegen, den gelben Stern tragen zu müssen, und wurde von der Gestapo in Untersuchungshaft genommen. Nach dem Tod seiner Frau und der Emigration seiner beiden Söhne vereinsamte der Musiker. Seine letzten Monate in Weimar musste er in den „Judenhäusern“ Belvederer Allee 6 und Brühl 6 verbringen. Im September 1942 wurde Eduard Rosé nach Theresienstadt deportiert, wo er am 24. Januar 1943 starb.


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